Der ungewöhnliche Vergleich in der Superlative

  • Boink
  • 2015-03-23 16:07
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Der ungewöhnliche Vergleich in der Superlative

Mercedes S-Klasse im Vergleich mit dem Bentley Flying Spur. Der erste Gedanke, den Sie dabei vielleicht haben, könnte lauten, dass das eigentlich zwei völlig unterschiedliche Fahrzeugklassen seien. Doch Mercedes-Benz hat mit dem Vorgänger der aktuellen S-Klasse den Sprung aus der Oberklasse in die High-end-Premiumklasse unternommen. Folglich muss sich der Stuttgarter Hersteller diesem Vergleich stellen können. Da es sich aber beim Flying Spur um eine Sportlimousine handelt, haben wir diesem Vergleich die AMG-Version der S-Klasse, den S 65, gegenübergestellt.



Der Bentley ist ein VW



Dabei ist auch erwähnenswert, dass "Premium" selbst beim Flying Spur von Bentley relativ ist. Wer sich in der Geschichte der britischen Traditionsmarke auskennt, weiß, dass sie heute zum Volkswagen-Konzern gehört. Das ist keinesfalls abwertend, allerdings liefert die Basis ein VW-Modell, das wie die S-Klasse in der "herkömmlichen" Oberklasse zu suchen ist: der VW Phaeton. Die erste Generation wurde teilweise sogar im VW-Werk Dresden zusammengebaut. Angetrieben wird das exklusive Fahrzeug von einem W-12-Aggregat (das W-12-Aggregat ist eine VW-Entwicklung), welches über Biturbos ausgeladen wird. Bei 6 l Hubraum bringt es der Flying Spur auf 625 PS. Der ungewöhnliche Vergleich in der Superlative



Konservativ und sachlich



Die Linienführung des Flying Spur ist eher sachlich, was in ein eher konservatives Aussehen mündet. Steigen Sie in die Luxus-Limousine ein, sticht sofort die hochwertige Verarbeitung des Interieurs ins Auge. Es fällt aber auch auf, dass Multimedia und digitale Applikationen eher zurückhaltend verbaut sind. Stattdessen sehen Sie sich mit einer Vielzahl von Knöpfen konfrontiert, die durchaus ablenken und irritieren können. Starten Sie den Motor, vermittelt das sofort eine Vorstellung von der brachialen Leistung, die das Aggregat besitzt. Leider wird die Erwartung aber unmittelbar gedämpft, da der Motor sofort in einen leisen, ja, kaum hörbaren Leerlauf fällt.



Viel Drehmoment und nun auch mit 8-Gang-Automatik



Wie schon der Vorgänger, der Continental Flying Spur, spricht auch beim aktuellen Flying Spur das Gaspedal auf den ersten Millimetern eher zögerlich an. Dafür entfaltet der Kick-down unverzüglich sein immenses Kraftpotenzial und lassen die 800 Nm Drehmoment schnell erahnen. Der 8-stufige Wandler zieht kraftvoll, aber mit viel Gefühl durch und schaltet souverän. In der Querdynamik verhält sich der Bentley limousinen-typisch etwas sträubend, was angesichts des betonten sportlichen Charakters als störend empfunden werden kann. Bei einer Endgeschwindigkeit von 322 km/h benötigt der Flying Spur knapp 5 Sekunden, um die 2,5 Tonnen auf 100 und 14 Sekunden auf 200 km/h zu bringen.



Die aktuelle S-Klasse: mehr wie eine Modellpflege



Aber auch die Mercedes S-Klasse besitzt ein paar kleine Schönheitsfehler. So ist der aktuelle W 222 eigentlich nicht wirklich eine neue S-Klasse. Das Fahrzeug hat neben der Bodengruppe viele andere Details vom Vorgänger, dem W 221 übernommen. Selbst die Typenbezeichnung ist gleich geblieben. Das aber eher aus rechtlichen Gründen, um das inzwischen verbotene alte Klima-Kühlmittel R134a weiter verwenden zu können (Tests belegen eine erhöhte Brandgefahr des neuen Kältegases R1234yf). Das Design der S-Klasse ist wesentlich verspielter und moderner als das des Bentley. Mercedes muss hier aber auch eine Vorreiter-Rolle einnehmen, schließlich sieht man sich bei den Stuttgartern als führend, was Innovationen und verschiedene Technologien betrifft.



Technisch das Maß aller Dinge



So ist es auch nicht verwunderlich, dass die aktuelle S-Klasse voll von allen möglichen Assistenzsystemen ist, vor allem sicherheitsrelevante Systeme gibt es üppig. Hier erscheint der Flying Spur beinahe schon etwas abgeschlagen, denn bis auf adaptive Geschwindigkeitsregelung mit aktiver Bremsverzögerung ist es eher unspektakulär. Nehmen Sie nun Platz in der Stuttgarter S-Klasse, fällt Ihnen vielleicht das noch einen Tick größere Raumangebot gegenüber dem Bentley auf - obwohl beide nicht mit Platz geizen. Es fällt sofort auf, dass sich die technische Führungsrolle auch in der Innenausstattung sehr dominant zeigt. Digitale Instrumente und ein seit dem W 140 weiterentwickeltes und mittlerweile ausgereiftes Comand-System sorgen für ein aufgeräumtes, übersichtliches Cockpit.



Intuitiv zu bedienen, aufgeräumt, überschaubar



Überhaupt besticht das Comand-System durch eine Bedienung, bei der "intuitiv" wirklich angebracht ist. Haben Sie sich erst zurechtgefunden, erfolgt die Bedienung ohne Ablenkungen. Hier liegt ein entscheidender Vorteil gegenüber dem Bentley. Apropos Vorteil: nicht zu unterschätzen ist auch die Ersatzteilversorgung. Die ist aufgrund der deutlich höheren Zulassungen erheblich besser als beim Briten. Das schlägt sich auch in sehr günstigen preisen nieder, wie Sie unter Pkwteile.de/Mercedes schnell überprüfen können. Zurück im Cockpit geht es nun um das Starten des V-12-Motors, der ebenfalls mit Biturbos aufgeladen wird. Der ist einen Tick schneller auf 100 km/h gebracht (4,3 Sekunden), regelt dafür aber bei 250 km/h Spitze ab. Das Klappensystem im Auspuff bietet einen sportlichen Sound, die 7G-Tronic bietet ein so gut wie nicht mehr spürbares Schalten.



Der Bentley reicht nicht an die S-Klasse heran



Schnell ist man mit dem Cockpit vertraut, es gibt kein Knarzen und Klappern, das stören könnte. Auch der Duft, von dem Sie in der neuen S-Klasse in Empfang genommen werden, ist sicherlich einprägend positiv. Das alles ist aber kein Wunder, handelt es sich doch um Entwicklungsschwerpunkte. Imposant ist aber vor allem auch der Spritverbrauch. Der liegt bei entspannter Fahrweise bei rekordverdächtigen 12 bis 12 l. In dieser Klasse ist das ein untypischer Wert - der Bentley möchte mindestens 15 l. Sicher ist der Bentley durchaus ansprechend, dann aber wohl eher für diejenigen, die auf klassisches Design mit viel Sachlichkeit aus sind. Modern, stylish und wirklich innovativ ist dagegen nur die S-Klasse. Übrigens liegt die auch nur bei den AMG-Modellen im Preisgefüge des Flying Spur. Ansonsten ist die S-Klasse ungefähr halb so teuer.


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